Ghetto Theresienstadt

Der Plan der Nationalsozialisten, in Theresienstadt ein jüdisches „Prominenten- oder Altersghetto“ einzurichten, findet sich erstmals in einem Konferenzprotokoll vom Oktober 1941. Die erste Gruppe von Juden kam aus Prag und traf Ende November 1941 in Theresienstadt ein. Bis Ende Mai 1942 wurden knapp 30.000 Juden in die ehemalige k.u.k.-Garnisonstadt deportiert, ein Drittel der jüdischen Bevölkerung des „Protektorats Böhmen und Mähren“. Im September 1942 erreichte die Einwohnerzahl ihren höchsten Stand: Auf einer Fläche von 115.000 Quadratmetern lebten 53.000 Menschen. Von den etwa 19.000 Personen, die in diesem Monat in Theresienstadt eintrafen, wurden 13.000 in Todeslager deportiert, etwa 4.000 starben im Ghetto.

Die Verhältnisse in Theresienstadt waren katastrophal: überbelegte Wohnquartiere, unzureichende sanitäre Einrichtungen und der dramatische Mangel an Lebensmitteln, Heizmaterial und medizinischer Versorgung forderten unzählige Opfer. Schon seit Anfang 1942 diente Theresienstadt als Brückenkopf für die Vernichtungslager im Osten. In der Folgezeit verließen 63 Transporte das Ghetto. Sie brachten 88.000 Menschen nach Auschwitz, Treblinka, Majdanek oder Sobibor. Nur 3.500 von ihnen überlebten. Insgesamt wurden etwa 144.000 Juden nach Theresienstadt deportiert. Mehr als die Hälfte (75.000) von ihnen stammte aus der Tschechoslowakei, ca. 58.000 aus Deutschland und Österreich, der Rest vorwiegend aus den Niederlanden, Polen, Ungarn und Dänemark. Ein Viertel der Häftlinge (33.000) ist infolge der entsetzlichen Theresienstädter Lebensumstände gestorben.

Die nationalsozialistische Propaganda bemühte sich, aus Theresienstadt ein Vorzeigelager zu machen. 1944 erhielten zwei Delegationen des Internationalen Roten Kreuzes die Erlaubnis, das in „jüdisches Siedlungsgebiet“ umbenannte Lager zu besichtigen. Zu diesem Zweck legte man kurzfristig neue Parkanlagen an, verschönerte die Fassaden der Häuser, richtete Gemeinschaftsräume, eine Betstube und Geschäfte ein. Eine Bank gab sogar – allerdings wertloses – Geld aus. Der Rundgang mit dem Judenältesten Dr. Paul Eppstein war im Vorfeld bis ins kleinste Detail geplant und einstudiert worden. Etwa zur gleichen Zeit begann ein Filmprojekt, das die Großzügigkeit des „Führers“ gegenüber den Juden dokumentieren sollte. Für die Häftlinge bedeutete das allerdings keine nachhaltige Verbesserung ihrer Lebenssituation. Im Gegenteil: Wegen der Überfüllung des Lagers rollten so viele Transporte wie noch nie in Richtung Auschwitz. Kurz vor Kriegsende gelang es dem Internationalen Roten Kreuz nach langen Verhandlungen mit der SS, Juden aus Theresienstadt in neutrale Länder zu bringen. So konnten ca. 1.600 Juden Anfang 1945 in die Schweiz und nach Schweden ausreisen. Am 3. Mai 1945 wurde Theresienstadt von der SS einem Vertreter des Roten Kreuzes übergeben, der die Verantwortung für das Ghetto und seine Insassen übernahm. Die Befreiung durch die Rote Armee fünf Tage später erlebten nur 17.247 verbliebene Häftlinge.

Von München aus wurden die Deportationszüge nach Theresienstadt zumeist vom Hauptbahnhof, gelegentlich auch vom Güterbahnhof Laim, abgewickelt. Zwischen Juni 1942 und Februar 1945 verschleppten Gestapo und SS insgesamt 1.555 jüdische Münchner in 35 Transporten nach Theresienstadt. Die Zahl der Überlebenden ist mit 126 Frauen und 62 Männern erschreckend gering.