Konzentrationslager Dachau
Auf Initiative von Reichführer SS Heinrich Himmler, der im März 1933 als kommissarischer Polizeipräsident von München fungierte, wurde am 22. März 1933 in Dachau auf dem Gelände einer ehemaligen Pulver- und Munitionsfabrik ein Konzentrationslager eröffnet. Es war ein Männerlager und im Gegensatz zu den schon existierenden Lagern von Anfang an als dauerhafte Einrichtung des Landes Bayern gedacht; es bestand als einziges KZ von 1933 bis 1945. Das Lager war zunächst für die Inhaftierung politischer Gegner, vor allem für Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter vorgesehen und für etwa 5.000 Häftlinge gebaut. In den ersten Tagen bewachten Angehörige der Schutzpolizei die Gefangenen. Nachdem Himmler im April 1933 zum Befehlshaber der politischen Polizei in Bayern aufgestiegen war, unterstellte er das KZ Dachau der SS und damit sich selbst. Im Juni 1933 ernannte Himmler Theodor Eicke zum Lagerkommandanten. Unter seiner Leitung begann der räumliche und strukturelle Ausbau des Lagers, das nun als Modell- und Musterlager für alle übrigen Konzentrationslager galt und dem Zugriff der bayerischen Justiz entzogen wurde. Viele SS-Männer erhielten ihre Ausbildung für einen Dienst im Konzentrationslager in Dachau und errichteten in anderen Lagern ähnliche Strukturen des Terrors gegenüber den Gefangenen. Bis 1945 waren fünf Lagerkommandanten im Amt.
In den Jahren 1937/1938 mussten die Häftlinge das Lager umbauen, wobei aufgrund der furchtbaren Arbeitsbedingungen die Todesrate stark anstieg. Das Hauptlager selbst bestand aus dem sogenannten Schutzhaftlager für etwa 8.000 Häftlinge, ferner dem weitläufigeren SS-Übungs- und Ausbildungslager sowie verschiedenen Arbeitskommandos. Die SS zwang die Häftlinge während des gesamten Bestehens des Lagers zur Arbeit, die einen entscheidenden Einfluss auf die ihre Überlebenschancen hatte. Viele der 140 zumeist nach Kriegsausbruch und in großer Zahl ab 1943/44 gegründeten Außenlager und Außenkommandos erstreckten sich über den gesamten süddeutschen Raum bis nach Österreich. Dort mussten Zehntausende von Gefangenen für die deutsche Kriegswirtschaft arbeiten. In den Außenlagern waren teilweise auch weibliche Häftlinge gesondert von Männern untergebracht und beschäftigt.
Zur den Dachauer Häftlingen gehörten später neben den politischen Gegnern auch ausgegrenzte Gruppen wie Homosexuelle oder als „asozial“ oder „Berufsverbrecher“ diffamierte Männer, Juden, Sinti und Roma und Zeugen Jehovas. Nach dem „Anschluss“ Österreichs und der Annexion des Sudetenlandes, vor allem aber nach Kriegsausbruch verschleppte die SS Menschen aus allen Teilen Europas in das KZ Dachau. Insgesamt waren zwischen 1933 und 1945 über 204.000 Häftlinge aus 34 Nationen in Dachau inhaftiert. Die größten Gruppen bildeten polnische und sowjetische Häftlinge.
Schon früh gehörten auch jüdische Männer zu den Gefangenen und wurden aufgrund ihrer jüdischen Herkunft besonderen Repressionen unterworfen. In der „Reichskristallnacht“ vom 9. zum 10. November 1938 wurden mehr als 10.000 Juden aus ganz Deutschland und Österreich nach Dachau verschleppt. Die meisten von ihnen kamen wenige Wochen später wieder frei, sofern sie sich zur sofortigen Emigration aus Deutschland verpflichtet hatten. Juden standen am untersten Ende der Häftlingshierarchie und waren gesondert untergebracht. Nach der Entscheidung, die europäische jüdische Bevölkerung zu vernichten, deportierte die SS 1942 die jüdischen Häftlinge nach Auschwitz. 1944 transportierte die SS tausende jüdische Frauen, Männer und sogar Kinder im Rahmen des Rüstungsprojekts „Jägerstabsprogramm“ aus Ungarn, den Ghettos in Litauen und Litzmannstadt sowie aus Auschwitz in die Außenlager des KZ Dachau zur „Vernichtung durch Arbeit“. Vor allem in den elf Außenlagern bei Landsberg/Kaufering und in Mühldorf mussten etwa 30.000 Jüdinnen und Juden für die deutsche Rüstungsproduktion arbeiten; in kurzer Zeit starben etwa 8.000 von ihnen an Gewaltexzessen, Entkräftung, Hunger und Krankheiten.
Dachau war nicht als Vernichtungslager konzipiert worden. Dennoch wurde das Lager im Verlauf des Krieges zu einer Stätte des Massenmords. Bereits Ende August 1941 kam es zu Exekutionen von sowjetischen Kriegsgefangenen im Bunkerbereich des Schutzhaftlagers, später auch auf dem Gelände des Krematoriums. Seit dem 25. November 1941 erschoss die SS auf dem Schießplatz Hebertshausen mehr als 4.000 sowjetische Kriegsgefangene. Auch andere von der Gestapo zur Exekution bestimmte Gefangene transportierte man nach Dachau und ließ sie dort hinrichten. Diese Menschen wurden nicht in der Kartei des Konzentrationslagers erfasst. Im Rahmen der „Aktion 14f13“ selektierten die SS-Ärzte 1941 2.524 angeblich nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge, die 1942 in der Tötungsanstalt Hartheim bei Linz ermordet wurden. Tausende Häftlinge starben an Hunger, Krankheit, körperlicher Auszehrung oder den Folgen von Misshandlungen und willkürlichen Mordaktionen. Zahlreiche Häftlinge wurden von SS-Ärzten für grausame medizinische Experimente missbraucht. Mehr als 41.500 Häftlinge wurden im Stammlager und den Außenlagern ermordet.
Ab Herbst 1944 erreichten tausende Häftlinge aus anderen Konzentrationslagern mit so genannten Evakuierungstransporten das KZ Dachau, weswegen die SS bis zu 63.000 Häftlinge in unvorstellbarer Enge zusammengepferchte. Ab Dezember 1944 herrschten im Lager katastrophale Zustände: Eine Typhusepidemie und extreme Hungersnot kosteten bis April 1945 mehr als 14.000 Häftlinge das Leben. Am Abend des 26. April 1945 wurden rund 8.700 Häftlinge auf den Marsch in Richtung Süden geschickt, ebenso aus den Außenlagern. Weit mehr als 1.000 Häftlinge starben auf diesen Todesmärschen. Die letzte Kolonne der völlig Entkräfteten befreiten US-Soldaten erst am 2. Mai 1945 bei Waakirchen. Das Stammlager Dachau mit mehr als 30.000 Häftlingen hatten Soldaten der 45. Infanterie Division und der 42. Rainbow Division der US-Armee bereits am 29. April 1945 befreit.