Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek
Auf Befehl Heinrich Himmlers wurde im Spätsommer 1941 im Lubliner Stadtteil Majdan Tatarski (Majdanek) mit dem Bau eines Konzentrationslagers begonnen. Der Plan, diese Einrichtung zum größten Konzentrationslager außerhalb des Reichsgebietes auszubauen, konnte aber nicht verwirklicht werden. Die Bauarbeiten begannen zeitgleich in Auschwitz-Birkenau und Majdanek. Die unmenschlich harten Lebensbedingungen im Lubliner Lager sowie das dort grassierende Fleckfieber kosteten innerhalb weniger Wochen dreiviertel der hier inhaftierten ca. 2.000 sowjetischen Kriegsgefangenen das Leben. Ab Mitte Dezember 1941 wurden 150 Personen aus dem jüdischen Zwangsarbeitslager Lipowa-Straße in Lublin zu den Bauarbeiten herangezogen. Häftlinge aus anderen Konzentrationslagern, z.B. aus Dachau, Sachsenhausen, Buchenwald und Auschwitz, führten die Bauarbeiten weiter.
Das an der Straße Lublin-Zamosc gelegene Lagergelände war durch einen doppelten und unter Hochspannung stehenden Stacheldrahtzaun, durch Suchscheinwerfer und durch Wachtürme gesichert. Das Lager erstreckte sich über eine Länge von ca. 1,8 Kilometer. Zum Lager gehörten der SS-Bereich, das Schutzhaftlager und ein Wirtschaftskomplex mit Gärtnerei, Magazinen, Werkstätten und einem Hundezwinger. Mittelpunkt des Lagers bildete das Schutzhaftlager, das aus fünf Feldern und zwei Zwischenfeldern bestand. Diese Felder, mit einer Länge von 320 Metern und einer Breite von 150 Metern lagen parallel zur Straße, sie waren durch doppelte Stacheldrahtzäune voneinander getrennt. Sie waren jeweils mit 22 Häftlingsbaracken (nur auf Feld I gab es 20 Baracken) bebaut, die sich an den Längsseiten des Feldes befanden, der dazwischen liegende freie Platz wurde als Appellplatz benutzt, hier stand auch ein Galgen. Am Eingang der Felder waren die Blockführerwachstuben. Der gesamte Felderblock wurde durch insgesamt 18 Wachtürme gesichert.
Die offizielle Bezeichnung des Lagers lautete bis Februar 1943 „Kriegsgefangenenlager der Waffen-SS Lublin“. Die Umbenennung in „Konzentrationslager Lublin“ erfolgte aufgrund einer Verfügung des Reichsführers SS vom 16. Februar 1943. Wie Auschwitz, so unterstand auch Majdanek – im Unterschied zu den vorher beschriebenen Vernichtungslagern – dem SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt. Beide Lager sind sowohl der Gruppe der Konzentrationslager als auch der Gruppe der Vernichtungslager zuzurechnen. Der erste Kommandant von Majdanek war Karl Otto Koch, der wegen einer Korruptionsaffäre auf Himmlers Befehl hingerichtet wurde. Ihm folgten bis 1944 vier weitere Kommandanten. In Auschwitz und Majdanek wurde in den Gaskammern mit „Zyklon B“ getötet.
Die ersten größeren Transporte trafen Ende März 1942 in Majdanek ein. Mehr als 500.000 Personen wurden hierher deportiert: aus Polen, Böhmen und Mähren, aus Deutschland, Frankreich, Belgien, Griechenland, der Slowakei, der Sowjetunion, den Niederlanden und anderen Staaten. Neben den jüdischen Häftlingen waren in Majdanek auch politische Gegner, Sinti und Roma, so genannte polnische Geiseln, Zeugen Jehovas, Homosexuelle und als asozial diffamierte Menschen inhaftiert. Ab dem 15. Dezember 1943 überstellte die SS tausende schwerkranke Häftlinge vieler Nationen aus reichsdeutschen Konzentrationslagern nach Majdanek, das für diese Menschen zum Sterbelager wurde.
Majdanek hatte nur wenige Außenlager – Bliżyn, Budzýn, Lublin-Lipowastraße, Radom, Trawniki und Warschau. Ende Oktober 1943 mussten Häftlinge hinter dem Krematorium (in der Nähe des Feldes V) Gräben ausheben. In zwei Schichten mit je 150 Gefangenen wurde drei Tage und Nächte gearbeitet. Die Gefangenen gingen davon aus, dass es sich bei diesen Arbeiten um Luftschutzgräben handle. Nach dem Abendappell des 2. Novembers trennte die SS jüdische und nichtjüdische Häftlinge. Die jüdischen Gefangenen mussten sich nackt in die ausgehobenen Gräben legen und wurden von SS-Männern und Polizisten mittels Kopf- oder Genickschuss getötet. Um die stundenlangen Gewehrsalven zu übertönen, schallte von zwei Lautsprecherwagen Marsch- und Unterhaltungsmusik. In Majdanek fielen der unter dem Namen „Erntefest“ bekannt gewordenen Aktion mindestens 18.000 Menschen zum Opfer. Zeitgleich fanden in Poniatowa und Trawniki ähnliche Massenerschießungen statt.
Bereits seit Juni 1943 gab es „Überstellungen“ nach Auschwitz. Angesichts des erfolgreichen Vormarsches der Roten Armee begann die Evakuierung Majdaneks im April 1944. Die weiblichen Häftlinge – seit August 1942 befand sich auf Feld IV ein Frauenlager – wurden u.a. nach Auschwitz, Natzweiler und Ravensbrück deportiert, die männlichen Häftlinge kamen nach Groß-Rosen, Auschwitz und Natzweiler. Ungefähr 15.000 Häftlinge aus Majdanek wurden „evakuiert“, im Lager verblieben annähernd 1.500. Die Rote Armee befreite wurde das Lager am 23. Juli 1944. Schätzungsweise die Hälfte der Häftlinge überlebte das Lager nicht. Hunger, Epidemien, mangelnde medizinische Versorgung, Folter, Erschießungen – dies sind einige der Todesursachen in Majdanek. Die Bestimmung der Todeszahlen gestaltet sich aufgrund der Quellenlage schwierig. Neuere Forschungen gehen von etwa 60.000 jüdischen und 18.000 Menschen unterschiedlicher Nationalität oder „Haftgründen“ aus. Mindestens 30 Münchner Jüdinnen und Juden wurden im Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek ermordet.
Schon im Oktober/November 1944 wurde auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers eine Gedenkstätte (Muzeum Panstwowe na Majdanku) errichtet.