Prof. Dr. phil. Siegmund Hellmann
Historiker, Universitätsprofessor i. R., geboren am 19.03.1872 in München, geschieden, deportiert am 22.07.1942 aus München nach Theresienstadt, ermordet am 07.12.1942 in Theresienstadt (28. Kislev 5703 (4. Chanukkah)).
ElternHeinrich Hellmann, Kaufmann, Zerline, geb. Karl
Geschwister
- Carry verheiratete Brachvogel, geboren am 16.06.1864, in München# , gestorben am 20.11.1942 in Theresienstadt.
-
Heirat am 23.05.1905 in München mit Emma Richter, geboren am 11.01.1878 in München.
Die Ehe galt als Mischehe.
- Eva Clementine, geboren am 21.05.1908 in München
- Georg Heinrich, geboren am 01.03.1906 in München
Adressen in München
- Mottlstraße 6/0 (seit 07.09.1934)
- Viktor-Scheffel-Straße 15/0 (seit 02.10.1935)
- Herzogstraße 55/I , bei der Schwester C. Brachvogel (seit 07.12.1936)
Siegmund Hellmann studierte an den Universitäten München und Berlin ab 1890 Jura, ab 1892 Geschichte an der Universität München und promovierte dort mit der Dissertation "Die sogenannten Memoiren de Grandchamps und ihre Fortsetzungen und die sogenannten Memoiren des Marquis de Sasenage" 1896 zum Dr. phil. 1899 habilitierte er sich mit der Studie "Das Reich und die Grafen von Savoyen bis zum Tode der Gräfin Adelheid (1091)" Seit 1899 war er als Dozent, seit 1909 als a.o. Professor an der Universität München tätig.
Er war seit 1914 geschieden von Emma, geb. Richter (geb. 11.01.1878 München). Seine Kinder galten als "Mischlinge I. Grades".
Ab 1918 äußerte er sich politisch im Sinne eines bürgerlichen Humanismus. 1923 wurde er gegen Widerstände der SPD-Regierung als Ordinarius nach Leipzig berufen, 1933 aber als Jude von seinem Lehrstuhl entfernt. Danach kehrte er wieder nach München zurück. Er besaß eine mediävistisch mittellateinische Fachbibliothek von rund 1800 Bänden, die ihm entzogen wurde.
Seit Dezember 1936 lebte er mit seiner verwitweten Schwester Karoline (Carry) Brachvogel in einem gemeinsamen Haushalt. Karoline Brachvogel, die schon früh ein ausgeprägtes Interesse für Literatur und Theater entwickelt und sich besonders mit französischen und skandinavischen Schriftstellern beschäftigt hatte, war als Schriftstellerin weit über München hinaus bekannt. Sie engagierte sich in der Frauenbewegung und führte einen legendären literarischen Salon in Schwabing. Gemeinsam mit Emma Haushofer-Merk gründete sie den Verein Münchner Schriftstellerinnen. Unter dem Namen Carry Brachvogel veröffentlichte sie zahlreiche Essays, Erzählungen und Romane, in denen sie auch jüdische Themen aufgreift. Über ihre eigene Biographie schreibt sie 1920: "Mein Leben ist äußerlich so einfach gewesen, daß es kaum verlohnt, darüber zu berichten. Es hat sich ganz und gar in meiner Geburtsstadt München abgespielt, in dieser farbigen, von Kunst überfluteten Stadt, deren Humor voll Annmut ist und die es versteht, Gegensätze lächelnd zu versöhnen". Die Erinnerung an die eigene Kindheit und Jugend gerät Carry Brachvogel unversehens zu einer Liebeserklärung an ihre Heimatstadt.
Siegmund Hellmann und Carry Brachvogel wurden am 22.07.1942 mit Transport II/18 (von den insgesamt 50 Deportierten überlebten 14 die Shoah) nach Theresienstadt deportiert. Beide lebten dort in Gebäude Q 609. Laut der Todesfallanzeige des Ältestenrates starb Prof. Hellmann am 07.12.1942 im Gebäude Q 609, Zi 16, an "Altersschwäche". Zwei Tage später, um 15 Uhr, fand die Bestattung statt.
Werke:
Aus den Briefen der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléons an Étienne Polier de Bottens, hrsg. von S. Hellmann
Wie studiert man Geschichte? 1911
Deutschland und Amerika, 1917
Machtpolitik und Idealpolitik, 1918
Die großen europäischen Revolutionen. Eine Gegenwartsstudie, 1919
Das Mittelalter bis zum Ausgang der Kreuzzüge, 1920
Weber, Max, Wirtschaftsgeschichte, aus den nachgelassenen Vorlesungen hrsg. v. S. Hellmann
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