
Esther Lore Cohn
Schülerin, geboren am 18.09.1926 in Offenburg, Baden, ledig, deportiert am 29.07.1942 aus München nach Theresienstadt, ermordet im Jahr 1944 in Auschwitz.
ElternEduard Cohn, Kaufmann in England, zuvor Offenburg, Sylvia Cohn, geb. Oberbrunner
Geschwister
- Myriam Ruth# , gestorben am 07.10.1974 in USA.
- Eva Judith verheiratete Mendelsson, geboren am 27.03.1931, in Gengenbach
Adressen in München Zugezogen am 03.10.1939 von Offenburg
- Antonienstraße 7 (seit 03.10.1939)
- Knorrstraße 148 (seit 11.04.1942)
Esther Cohn wuchs in Offenburg auf. 1931 erkrankte sie schwer an Kinderlähmung - ein Arm und ein Bein blieben gelähmt - sie musste neun Monate im Kinderkrankenhaus in Karlsruhe verbringen. Bis 1938 besuchte sie die Mädchen-Realschule in Offenburg. Ihr Vater, Vorsitzender der Zionistischen Ortsgruppe in Offenburg, wurde im November 1938 als "Aktionshäftling" in das KZ Dachau eingeliefert. Nach seiner Entlassung Ende Dezember 1938 betrieb er mit allem Nachdruck seine Emigration, die schließlich im Mai 1939 nach England gelang. Er hoffte, von London aus die Weiterreise nach Palästina für sich und seine Familie verwirklichen zu können. Der Kriegsausbruch zerstörte jedoch alle Hoffnungen auf eine Ausreise der in Deutschland verbliebenen Ehefrau und Töchter. Wie andere Juden aus Offenburg flüchtete Sylvia Cohn mit ihren Kindern im September 1939 nach München. Während Esther im Antonienheim in München blieb, kehrten die Schwestern und die Mutter im April 1940 nach Offenburg zurück.
Seit Winter 1939 führte Esther Cohn ein Tagebuch. Vor ihrer Deportation schickte sie dieses an Hermine Keller in Neuwied bei Baden-Baden, dem ehemaligen Dienstmädchen der Familie Cohn. Hermine Keller übergab es später den überlebenden Schwestern von Esther, es wurde 1992 von Martin Ruch veröffentlicht. Im Oktober 1940 wurden Sylvia Cohn und ihre beiden bei ihr lebenden Töchter, wie an die 6500 in Baden und der Pfalz lebenden Juden, nach Gurs in Südfrankreich deportiert. Sylvia Cohn gelang es, beide Kinder in dem jüdischen Kinderheim (der OSE) Chateau de Masgelier Grand-Bourg-Creuse in Masgelier unterzubringen. Im Sommer 1942 befanden sich Mutter und Töchter im Lager Rivesaltes, von hier wurde Sylvia Cohn am 13.09.1942 über das Lager Drancy mit dem 33. Konvoi vom 16.09.1942 nach Auschwitz deportiert und dort am 30.09.1942 ermordet. Ihre beiden Töchter konnten durch die Hilfe einer jüdischen Organisation (OSE) im April 1943 illegal in die Schweiz gebracht werden und überlebten so die Shoah.
Ende März 1941 beendete Esther die 8. Klasse der Israelitischen Volksschule in der Herzog-Rudolf-Straße. Sie hoffte auf einen Ausbildungsplatz an der Jüdischen Handelsschule in Berlin, die Pläne zerschlugen sich jedoch und so half sie im Kinderheim. Nach der zwangsweisen Auflösung des Heimes an der Antonienstraße kamen die verbliebenen Kinder mit der Heimleiterin Alice Bendix und der Erzieherin Hedwig Jacobi am 11.04.1942 in das Barackenlager Knorrstraße 148. Esther meldete sich aus nicht mehr rekonstruierbaren Gründen freiwillig zum Transport nach Theresienstadt. Sie lebte im dortigen Kinder/Jugendheim, Hauptstraße 14. Am 16.10.1944 wurde sie mit einem der letzten Transporte nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Auszug aus einem Brief v. Esther Cohn an ihre Tante v. 14.04.1942: Liebe Tante! Ich habe Deine beiden Briefe erhalten, und danke Dir recht herzlich dafür. Inzwischen ist unser Kinderheim umgezogen, und wir sind hier nun in einem Lager, in dem alles ganz jüdisch ist. Es ist ein ganz großer Platz mit ca. 12 Holzbaracken und jede besteht aus vier Zimmern. Zwei Damen sind bei uns (Frl. Bendix und Frl. Jacobi) und 13 Kinder. Wir schlafen alle in einem Zimmer, und es wird mit der Zeit noch recht gemütlich werden. Vorläufig ist es noch ziemlich kalt, aber das wird sich ja bald ändern. Es ist auch eine große Kantine hier, in der wir sehr gutes Essen bekommen. Fast 500 Menschen sind hier, und es wird immer in zwei Schichten gegessen...
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