Ferdinand Kissinger
Hauptlehrer, geboren am 13.10.1891 in Urspringen, Kr. Marktheidenf., geschieden, deportiert am 20.11.1941 aus München nach Kaunas, ermordet am 25.11.1941 in Kaunas (05. Kislev 5702).
ElternSimon Kissinger, Hauptlehrer, zuletzt in München, Babette Kissinger, geb. Fränkel
Geschwister
- Salomon, geboren 13.03.1888 Urspringen, lebte in Halle, emigrierte nach Prag, am 20.07.1942 von dort mit Ehefrau Ruth nach Theresienstadt, am 15.12.1943 beide nach Auschwitz deportiert und ermordet
- Irma Sonder, geboren 12.10.1889 Urspringen, emigrierte im September 1938 nach New York, gestorben August 1968 New York
- Franziska Stern, geboren 07.03.1893 Urspringen, ermordet 25.11.1941 Kaunas
- Julius Kissinger, geboren 07.11.1894 Urspringen, ermordet 25.11.1941 Kaunas
- Jenny Neuhaus, geboren 01.01.1896 Urspringen, emigrierte nach Palästina, gestorben in Petach Tikvah, Israel
- Bella Oppenheimer, geboren 13.11.1897 Urspringen, emigrierte nach New York, gestorben 1970 New York
- Heirat am 28.12.1920 in Aschaffenburg mit Sofie Kissinger, geb. Lebermann, geboren am 08.04.1898 in Darmstadt.
Adressen in München Zugezogen am 15.05.1924 von Hainsfarth
- Giselastraße 25 , Meiser (seit 15.05.1924)
- Gewürzmühlstraße 19 , Neuhofer (seit 25.08.1924)
- Thierschstraße 25 , Fränkel (seit 06.02.1925)
- Pfarrstraße 7 (seit 11.10.1931)
- Bürkleinstraße 16 , beim Bruder J. Kissinger (seit 30.09.1933)
„Der dicke Kissinger“, so nannten die Schülerinnen und Schüler ihren Lehrer Ferdinand Kissinger in Abgrenzung zum „dünnen Kissinger“, seinem Bruder Julius. Ferdinand Kissinger wuchs mit sechs Geschwistern im fränkischen Urspringen auf. Sein Vater Simon Kissinger war Lehrer und Vorbeter der Jüdischen Gemeinde. Nach dem Staatsexamen an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg trat Ferdinand Kissinger um 1910 seine erste Stelle als Lehrer und Vorbeter der Jüdischen Gemeinde in Willmars an. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er in Frankreich und wurde 1918 mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet. 1924 zog er mit seiner Frau Sophie – die beiden hatten 1920 geheiratet – nach München. Dort wurde Ferdinand Kissinger Lehrer an der Jüdischen Volksschule. Als Sophie Kissinger psychisch krank wurde und zu ihrer Mutter nach Darmstadt ging, kam Ferdinand Kissinger ab 1933 bei der Familie seines Bruders Julius in der Bürkleinstraße 16 (heute 20) unter.
Im Zuge der „Kristallnacht“ wurde Ferdinand Kissinger am 10. November 1938 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert und schwer misshandelt. Am 12. Dezember 1938 wurde er aus der Haft entlassen und kehrte an seine Schule zurück. Anders als drei seiner Geschwister wollte Ferdinand Kissinger zunächst in Deutschland bleiben. Erst ab 1940 bemühte er sich darum, in die USA auszuwandern – vergeblich. Am 20. November 1941 holte die Gestapo ihn mit der Familie seines Bruders aus der Wohnung und brachte ihn in die „Judensiedlung Milbertshofen“ an der Knorrstraße 148. Zusammen mit rund 1.000 anderen jüdischen Kindern, Frauen und Männern sollte er in das lettische Ghetto Riga „umgesiedelt“ werden, wie es offiziell hieß. Es war die erste und größte Deportation von Jüdinnen und Juden aus München. Weil das Ghetto Riga überfüllt war, wurde der Deportationszug ins litauische Kaunas umgeleitet. Dort erschossen SS-Einsatzgruppen Ferdinand Kissinger am 25. November 1941 gemeinsam mit seinen Angehörigen und ließen sie alle in einem Massengrab verscharren.(Text Felicia Englmann, Lektorat C. Fritsche)
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