Joachim Chaim Both
Kaufmann, geboren am 08.05.1876 in Rzeszow , Galizien, verheiratet10.11.1938 in München (16. Cheshvan 5699).
ElternHirsch Zwi Both, Glasermeister in Rzeszow, Grina Both, geb. Hirschhorn
Geschwister
- Riwa, geboren 1861 Rzeszow
- Abraham, geboren 1863 Rzeszow
- Esther Both, geboren 1867 Rzeszow, gestorben in New Jersey
- Heirat am 01.06.1907 in Jaroslaw, Galizien mit Marjem Maria Both geb. Zeimer, geboren am 03.09.1880 in Jaroslaw, Galizien, gestorben am 25.11.1941 in Kaunas.
- Maksemil (Max), geboren am 07.04.1908 in Jaroslaw
- Franziska (Fanny), geboren am 17.12.1909 in München
Adressen in München Zugezogen am 15.09.1908 von Rzeszów
- Lindwurmstraße 185 , eigene Wohnung (seit 27.10.1908)
Chaim Both gründete im Oktober 1908 mit seinem Schwager Jonas Osias (Josef) Zeimer die Fa. Both & Zeimer, einen Kleinhandel in Herren- und Knabengarderobe und in Herrenmodeartikeln in der Lindwurmstraße 185. Ab Juli 1909 war er Alleininhaber der Firma, seit ca. 1930 war Sohn Max Teilhaber des Geschäftes. Das Geschäft entwickelte sich zufriedenstellend, im Frühjahr 1912 eröffnete Chaim Both in der Schwanthalerstraße 127 ein Filialgeschäft. Im November 1920 kaufte Both das Anwesen Lindwurmstraße 185. Im Laufe des Jahres 1938 verstärken sich die Schwierigkeiten mit dem von Chaim Both eingesetzten Hausmeister Hartl (seine Ehefrau war Ortsgruppenamtsleiterin der N.S. Frauenschaft), der Parteimitglied war. Laut Aussagen ehemaliger Nachbarn hatte Chaim Both ihm im Herbst 1938 gekündigt, worauf der Hausmeister drohte, sich zu rächen.
Am Abend des 09. Novembers 1939 hielten SA-Angehörige in der Trinkstube des MTV-München, Häberlstraße 11, einen Kameradschaftsabend ab. Einen Höhepunkt erreichte die bierselige Stimmung gegen Mitternacht. Der verantwortliche Standartenführer forderte die Anwesenden auf, sofort nach Hause zu gehen, Zivilkleidung anzuziehen und schnell" wieder zurückzukommen, "da im Laufe der Nacht wahrscheinlich die Fensterscheiben der Münchner Judengeschäfte in einer gemeinsamen Aktion zertrümmert werden sollten". Eine zehnköpfige Gruppe begab sich zur Lindwurmstraße 185, wo bereits die Schaufensterscheiben des Modegeschäftes Both eingeschlagen waren. Dies war bereits in den späten Abendstunden geschehen. Durch den Lärm aufgeschreckt, liefen einige Gäste der benachbarten Gaststätte auf die Straße, verprügelten die Täter und trieben sie in die Flucht. Vier der zehn SA-Männer drangen nun gewaltsam in die Wohnung der Familie Both im ersten Stock ein. Gegen Mitternacht kehrte das Ehepaar Both mit Sohn Max von einem Besuch in den Kammerlichtspielen zurück. Joachim Chaim Both wurde zusammengeschlagen und in seine Wohnung geschleppt, seine Ehefrau auf die Straße zurückgedrängt und am Betreten des Hauses gehindert. Sohn Max, der das Auto in die nahegelegene Bavaria-Garage bringen wollte, wurde durch den entstandenen Tumult aufmerksam und kehrte zum Haus zurück. Er wurde in ein Handgemenge mit den SA-Männern verwickelt und schließlich in die Polizeiwache an der Daiserstraße gebracht. Über den weiteren Vorgang besteht Unklarheit. Erwiesen ist, dass Joachim Both von einem bewaffneten SA-Mann namens Schenk in einem Zimmer beaufsichtigt wurde. Nach der Ausage Schenks veranlasste ihn eine plötzliche Bewegung Boths, die Waffe abzufeuern. Both wurde tödlich getroffen. Soweit der Tatbestand nach den Unterlagen des Obersten Parteigerichtes, das den in diesem Fall angeklagten SA-Männer vermeintliche Notwehr zugebilligt hatte und das Verfahren einstellte. Es ist ganz offensichtlich, dass Both Opfer einer kaltblütigen Exekution wurde. Der Gerichtsmediziner, der bereits am 10.11.1938 Both sezierte, kam aufgrund der Verletzungen zu dem Schluss, dass es sich um einen "relativen Nahschuß" handelte. Im Sektionsbericht wird protokolliert, dass sich die Einschußwunde "an der Stirne dicht über der Nasenwurzel" befunden hatte. Dieser Befund lässt die Folgerung zu, dass der Schuß gezielt abgegeben wurde. Immerhin scheinen die Verdachtsmomente derart stark gewesen zu sein, dass die Staatsanwaltschaft München nach Kriegsende ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes gegen den Todesschützen einleitete. Schenk war jedoch - wie auch andere beteiligte SA-Männer - im Krieg gefallen. Das Verfahren wurde eingestellt.
Tochter Fanny Kammer emigrierte mit ihrem Ehemann Fritz im August 1939 in die USA. Sie starb am 20. März 1973 in Wilkes Barre, Pennsylvania. Sohn Maksimilian emigrierte 1939 nach England. Er starb um 1972 in London
Marjem Both und ihr Sohn mussten nach der Arisierung des Geschäftes und des Hauses ihre Wohnung räumen. Marjem Both wurde in Kaunas ermordet.
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